"Winnender Mädlestag" am 20. Mai 2012
mit Enthüllung der Marktbrunnenfigur und Wahl des Winnender Mädle
Bericht im Blickpunkt Winnenden in der Ausgabe vom 24. Mai 2012.

Geschichte zum „Greifen nah" war am Sonntag, dem „Winnender Mädlestag", und am vorigen Mittwoch zu erleben. Stadtarchivarin Dr. Sabine Reustle stimmte eine große Zuhörerschaft einige Tage vor der Enthüllung der neuen Marktbrunnenfigur ganz auf Gottfried und sein Winnender Mädle ein.
Der Höhepunkt im Jubiläumsjahr „800 Jahre Stadt Winnenden" wird zwar das große Jubiläumsfest, das „Winnender Mädlesfest", am 7. und 8. Juli sein. Doch der vergangene Sonntag stimmte hierauf bereits bestens ein. Alles drehte sich um Gottfried von Neuffen, den Sohn des Stadterbauers Heinrich von Neuffen, und sein Winnender Mädchen.
Gottfried und sein Mädchen blicken auf den Marktplatz

Seit Sonntag blicken Gottfried und das vom ihm in seinem „Winnender Lied" besungene Mädchen über den Winnender Marktplatz. Die Arbeit stammt von Professor Karl Ulrich Nuss; einer der fünf Künstler, die einen Entwurf hierfür abgegeben haben. Möglich wurde die neue Marktbrunnenfigur, so Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth, dank der zahlreichen Spenden, die aktuell rund 75 Prozent der Kosten decken. In seiner Ansprache zeigte Oberbürgermeister Holzwarth Verständnis dafür, dass einige Bürger die Wettbewerbsarbeit des örtlichen Künstlers Martin Kirstein favorisieren. Auch dem Gemeinderat sei die Entscheidung nicht leicht gefallen; drei Wahlgänge waren nötig, um schließlich zu einer Entscheidung zu kommen. Mit 14 zu 11 Stimmen lag der Entwurf von Professor Karl Ulrich Nuss knapp vor dem Entwurf von Martin Kirstein. Oberbürgermeister Holzwarth äußerte die Hoffnung, „in einer für einen gewissen Teil unserer Bürger doch sehr bewegenden Sache zusammenzufinden." Der Gemeinderat hat der Initiative, die derzeit Geld für den Entwurf von Martin Kirstein sammelt, angeboten, diesen an anderer Stelle zu realisieren.

Zitate zur Einweihung der neuen Brunnenfigur

„Mein Anliegen war es, nicht eine historisierte idyllische Darstellung zu realisieren – zumal sie ja schon im Liedtext vorhanden ist – sondern darüber hinaus eine Aussage zu machen über Zuneigung, Liebe, Zusammengehörigkeit und Zuwendung." (Professor Karl Ulrich Nuss bei der Enthüllung seiner Arbeit)
„Für eine Stadt ist es wichtig, dass die öffentlichen Plätze mit Symbolen aus ihrer Geschichte besetzt werden, die auch eine Perspektive für die Zukunft oder einen positiven Wert für ihre Bürger vermittelt. Und was könnte positiver sein, als sich zu lieben und zu umarmen?" (Pfarrer Dr. Karl Braungart, Geistliches Wort zur Einweihung der neuen Marktbrunnenfigur)
"Ein Thema, das den Ursprung der Stadtwerdung Winnendens durch die Herren von Neuffen zeigt; ein Thema, das aber zugleich das adelige Stadtgründergeschlecht und die bürgerlichen Bewohner der jungen Stadt verbindet. In einer Weise verbindet, wie es nicht schöner sein könnte, nämlich durch die Liebe." (Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth bei seiner Ansprache anlässlich der Enthüllung der Marktbrunnenfigur)
Janina Bäder heißt das Winnender Mädchen
Heinrich von Neuffen und seine Gattin Adelheid von Winnenden enthüllten die Marktbrunnenfigur am Vormittag. In diese Rollen schlüpften erneut Rainer Bauer und Heidemarie Halagah. Um 17 Uhr stand dann fest, wer das Winnender Mädchen ist, das „ihr Sohn" in seinem Minnelied besingt. Nach einer Vorauswahl durch den Verein Attraktives Winnenden, der die Veranstaltung organisierte, kamen zwölf junge Frauen in die Endrunde am Sonntag. Zu Recht trug der „Wonnetag", der zugleich wieder einen verkaufsoffenen Sonntag mit vielen Aktionen bot, in diesem Jahr den Titel „Winnender Mädlestag".
In einem Online-Voting der Winnender Zeitung hatte wenige Tage vor der Wahl Saskia Kögel die Nase vorn. Die prominent besetzte sechsköpfige Jury mit Harald Auwärter (Regionaldirektor Volksbank), Tanzexpertin Marilena Grafakos, Stadtrat Willi Halder MdL, Stadträtin Anja Luckert , Kai Schäftlmeier (Friseur) und ZVW-Geschäftsführer Ulrich Villinger, hatte am Sonntag aber eigenständig zu entscheiden. Vier Wahlgänge waren vorgesehen, nach jedem Wahlgang schieden Bewerberinnen aus. Nach einer ersten Vorstellungsrunde mussten sich bereits Patricia Franzke, Denise Körner, Yvonne Schumann und Jennifer Zilz verabschieden.

Wissen über die Heimatstadt, Garnspinnen und Tanztalent waren gefragt
Die restlichen acht Kandidatinnen hatten im Anschluss eine Schätzfrage, eine spontane Frage des SWR 3 Moderators Josh Kochhann sowie eine „Vierer-Frage" zu beantworten. Bei letzterer mussten je vier Stadtteile, Namen der Winnender Oberbürgermeister, bekannte Winnender Firmen, Schulen, öffentliche Plätze, Weingüter, angebaute Rebsorten oder vier Stadträte genannt werden. Jede Kandidatin hatte eine andere Frage zu beantworten. Nach der zweiten Runde schieden Jenny Gröber, Carolin Häußer und Andrea Winter aus.
Im dritten Durchgang hieß es Garnspinnen. Die traurige Nachricht kam nach dieser Runde für Kim Kenner und Leonie König, sie schieden aus. In der letzten Runde hatten die drei Finalistinnen ihr Tanztalent und ihre Fähigkeit zur Repräsentation der Stadt unter Beweis zu stellen, überrascht wurden sie dabei von Gottfried von Neuffen, einem jungen Herrn, der bereits am Mittwoch zuvor beim Vortrag von Stadtarchivarin Dr. Sabine Reustle erstmals in Erscheinung trat.
Die Entscheidung der Jury wurde mit Spannung erwartet: Laura Scheller schaffte es auf Platz 3, Saskia Kögel auf Platz 2 und damit wurde Janina Bäder unter viel Applaus der zahlreichen Zuschauer zum „Winnender Mädle" gewählt. Ihr kommt nun die Aufgabe zu, im Jubiläumsjahr immer wieder in die Rolle des „Winnender Mädle" zu schlüpfen. Zudem erhält sie unter anderem ein professionelles Fotoshooting und wird Teil der Bankier Kampagne der Volksbank Stuttgart eG; d.h. ihr Gesicht wird auf Flyern und Plakaten zu sehen sein.

Zwei vergessen die Welt um sich
Stadtarchivarin gab Einblick in die damalige Lebenswelt
Wenige Tage vor Enthüllung der neuen Marktbrunnenfigur gab Stadtarchivarin Dr. Sabine Reustle einen Einblick in das Leben von Gottfried von Neuffen. Von ihr stammte auch die Idee, das „Winnender Lied" des berühmten Minnesängers zum Thema der neuen Marktbrunnenfigur zu machen.
Zum Greifen nah wurde Geschichte als Dr. Reustle - wie damals das Winnender Mädchen - zur Spindel griff und Gottfried in Ich-Form über sein Leben sprach. Für diese Rolle hatte sie den Schauspielstudenten Joscha Bernath gewinnen können, der festlich gewandet auf dem Thron Platz nahm. Die Texte stammten alle aus der Feder von Stadtarchivarin Dr. Reustle, untermalt mit zahlreichen Zeichnungen und Fotografien.
Die Neuffener gehörten zum engeren Kreis der Stauferfamilie. Ihr Lebensstil auch auf der Burg in Bürg kann gar als luxuriös für die damalige Zeit bezeichnet werden. Die Stadt Winnenden war zu dieser Zeit noch voll im Bau. Als Gottfried erneut in die noch junge Stadt ritt, muss er auf das Mädchen gestoßen sein, das es ihm sehr angetan haben muss. Dies schließt Reustle aus dem Hinweis in seinem „Winnender Lied" auf das große Liebespaar der damaligen Zeit: Otto von Botenlauben und seine Frau Beatrix von Courtenay. Für Beatrix war Otto nicht standesgemäß, trotz aller Widerstände heirateten sie. Im Winnender Lied spricht Gottfried sinnbildlich davon, die Steinwände der Burg „Botenlauben" zu brechen und meint damit, so die Interpretation von Dr. Reustle, die Standesunterschiede zu überwinden.
Diese Liebe zwischen Gottfried und dem Winnender Mädchen habe Professor Karl Ulrich Nuss, der die Marktbrunnenfigur gestaltet hat, hervorragend umgesetzt, so Dr. Reustle. „Zwei vergessen die Welt um sich, die Laute liegt am Boden."